Dienstag, 22. Januar 2008

Im Zentrum der Gesundheit

Gestern habe ich mich meiner Mandelentzündung geschlagen gegeben und bin zum Arzt gegangen. Das heißt in Spanien, dass man zum Centro de Salud, dem medizinischen Zentrum seines Stadtteils, geht. Dort heißt es erstmal Schlange stehen. Einmal drangekommen, meinte die Empfangsschwester, meine Krankenkassenkarte würde nicht gelten. Den Rest ihrer Fragen und Vorwürfe habe ich nicht verstanden - auch egal, mit meinen geschwollenen Stimmbändern bekam ich sowieso fast keinen Ton raus. Die universelle Sprache verzweifelter Tränen hat sie dann aber davon überzeugt, dass ich ganz dringend eine vorläufige spanische Karte brauche.
Danach saß ich mit 50 Rentnern in einem grün gekacheltem Wartesaal dicht gedrängt auf Sitzschalenbänken. Ich habe den Verdacht, dass die Omas und Opas hauptsächlich zum Schnacken auftauchen. Das war ein Bussi-hin und Bussi-her, dass ich mich nicht mehr wundere, dass hier angeblich Grippeepidemie herrscht. Allerdings müssen sie auch für jedes erneuerte Rezept dort aufkreuzen, die die Ärzte dann zwischen ihren Konsultationen erstellen. Das bedeutete also, dass ich wieder in einer Menschentraube vor einer Tür stand und wartete, bis aus derselbigen eine Schwester heraustrat, die ellenlange Listen von Rezeptempfängern und Akutfällen erstellte, um ihr einen Zettel mit meinen Daten in die Hand zu drücken. Ich musste mir eine junge Thailänderin merken (die zweite Person unter sechzig), nach der ich dran sein sollte. Im Sprechzimmer wartete ich auch erstmal, während der Arzt im Akkord Rezepte unterschrieb und mit der Schwester schäkerte. Danach diagnostizierte er fix "tonsillitis" (er bestand darauf, englisch zu sprechen), erzählte mir seine Meinung über deutsche Patienten mit (rennen nicht dauernd zum Arzt, wie die Spanier), telefonierte dann mit dem Handy ("Ich war gestern in 'Liebe in Zeiten der Cholera' - musst du unbedingt sehen, ganz toll...") und verschrieb mir Antibiotika und Paracetamol.
Die Apotheke nebenan war auch ein Erlebnis für sich: Im Fenster Nicorette-Reklame, drinnen verqualmt. Da habe ich schon fast wieder gelacht. Danach bin ich Trostshoppen gegangen. Auch weil gestern in meinem Horoskop stand: "Gönnen Sie sich etwas, es ist Winterschlussverkauf!"

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